SORGE DICH NICHT – RUF AN! - Kostenlose Rufnummer: 0800 – 0827292 info@pfad-niedersachsen.de

Stellungnahme des Landesverbandes der Pflege- und Adoptivfamilien Pfad Niedersachsen e. V. zu den
angedachten Kürzungen in der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe
Die Äußerungen des Bundeskanzlers, im Wortlaut u. A. „Dass wir allerdings jährliche Steigerungsraten von bis zu
10 Prozent über Jahre hin, bei der Jugendhilfe, bei der Eingliederungshilfe sehen, das ist so nicht länger akzeptabel.
Da müssen wir gemeinsam nach Wegen suchen, wie den zu Recht Bedürftigen genauso Rechnung getragen wird
wie der Leistungsfähigkeit der öffentlichen Haushalte.“ in seiner Rede auf dem Kommunalkongress des deutschen
Städte- und Gemeindebundes in Berlin veranlassen uns zu dieser Stellungnahme.
Der Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien Pfad Niedersachsen e. V. äußert seine tiefe Besorgnis über
die durch den Bundeskanzler angedachten Kürzungen in der Jugendhilfe und der Eingliederungshilfe. Solche
Einschnitte gefährden nicht nur das gesetzliche Recht auf Kindeswohl und Kinderschutz, sondern stellen auch eine
ernsthafte Bedrohung für die Stabilität und das Wohlergehen von Kindern in Pflege- und Adoptivfamilien dar.
Gerade im Hinblick auf die seit Jahren steigenden Zahlen der Inobhutnahmen von Kindern und Jugendlichen, deren
Wohl gefährdet ist, verwundert uns die Empörung des Bundeskanzlers sehr; wo es sich doch hierbei um ein
positives Zeichen von Wirksamkeit der eingesetzten Mittel zum Zweck des Kinderschutzes handelt! Wir
widersprechen der Absicht von Kürzungen vehement. Schon heute arbeiten viel zu viele Jugendämter „auf Kante“
und ständig an der Belastungsgrenze sowie darüber hinaus, was vor allem dem Fachkräftemangel geschuldet ist.
Wie sollen Arbeitsbedingungen für Menschen in der Jugend- und Eingliederungshilfe noch positiv bewertet werden,
wenn hier noch der Rotstift angesetzt wird. Das Kindeswohl ist eine zentrale staatliche Verpflichtung, die im
Sozialgesetzbuch verankert ist. Die Jugendämter haben die hoheitliche Aufgabe, als Wächteramt das Wohl von
Kindern zu schützen. Kürzungen in der Jugendhilfe führen dazu, dass notwendige Unterstützungsangebote für
Kinder und Familien wegbrechen. Insbesondere Pflege- und Adoptivfamilien sind auf diese Hilfen angewiesen, um
den besonderen Bedürfnissen der ihnen anvertrauten Kinder gerecht zu werden. Ein Rückzug in der Jugendhilfe
gefährdet die Möglichkeit, präventiv zu arbeiten und kann dazu führen, dass Kinder in Krisensituationen nicht die
Unterstützung erhalten, die sie dringend benötigen. Das wäre verantwortungslos!
Im Kontext der Eingliederungshilfe ist die Situation ebenso alarmierend. Die UN-Behindertenrechtskonvention
fordert die volle und gleichberechtigte Teilhabe von Menschen mit Behinderungen am gesellschaftlichen Leben.
Trotz dieser Vorgaben zeigt sich, dass der aktuelle Status Quo in Deutschland in Bezug auf echte Inklusion alles
andere als zufriedenstellend ist. Viele Kinder mit Behinderungen haben nicht den Zugang zu den nötigen
Unterstützungsleistungen, die ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe ermöglichen würden. Kürzungen in der
Eingliederungshilfe würden diese Missstände weiter verschärfen und die Chancen auf Inklusion erheblich
verringern.
In dem sehr aktuellen und wissenschaftlich fundierten Buch „Kinder, Minderheit ohne Schutz“ (Verlag Kiepenheuer
& Witsch) werden wichtige Erkenntnisse hervorgehoben, die die Dringlichkeit der Thematik unterstreichen. Es wird
argumentiert, dass Kinder und Minderheiten oft nicht die notwendige Aufmerksamkeit erhalten, die sie benötigen,
um in einer gerechten Gesellschaft zu gedeihen. Die Autoren Aladin El-Mafaalani, Sebastian Kurtenbach und Klaus
Peter Strohmeier betonen, dass der Schutz von Kindern und Minderheiten eine gesamtgesellschaftliche
Verantwortung ist und dass jede Kürzung in diesen Bereichen ein Rückschritt für den sozialen Zusammenhalt und
das Wohl der Schwächsten ist; eine weitere Spaltung der Gesellschaft!
Wir fordern daher die Bundesregierung auf, die geplanten Kürzungen zu überdenken und stattdessen die
Jugendhilfe und Eingliederungshilfe nachhaltig zu stärken. Nur durch ausreichende finanzielle Mittel können wir
gewährleisten, dass alle Kinder, unabhängig von ihren individuellen Bedürfnissen, die Unterstützung erhalten, die
sie für eine gesunde und positive Entwicklung benötigen. Der Schutz des Kindeswohls und die Förderung einer
inklusiven Gesellschaft müssen oberste Priorität haben.
ALLE Kinder sind unsere Zukunft! Das darf keine leere Floskel sein.
Landesverband der Pflege- und Adoptivfamilien PFAD Niedersachsen e. V.
Nevim Krüger
Vorstand
Hannover, 13.06.2025