Kinder werden erwachsen und selbstständig. Das ist der Lauf der Dinge. Die einen früher, die anderen später; also selbstständig. Die offizielle Deadline ist der 18. Geburtstag. Alles neu, die Karten werden neu gemischt. In Kindertagen festgestellte Behinderungen und Bedarfe gibt es plötzlich nicht mehr, Pflegegrade, die zumindest eine kleine Unterstützung gewährleisteten gibt es nicht mehr! Alles muss neu beantragt, organisiert und verwaltet werden. Das wird so erwartet.
Doch was, wenn die jungen Menschen mit FASD so unbehindert erscheinen und auch erscheinen wollen? Wer kann es ihnen verdenken? Was, wenn in kürzester Zeit das gesamte Hilfsnetz zerfällt? Wer ist dann da, wenn die jungen Erwachsenen aus Wohngruppen, Ausbildungsstellen, Arbeitsplätzen und Peergruppen rausfliegen? Genau, in den meisten (glücklichen) Fällen die Eltern (Pflegeeltern) und ehemaligen Bezugspersonen! Diejenigen, denen immer wieder ans Herz gelegt wurde, doch endlich loszulassen, den jungen Menschen doch was zuzutrauen und sich doch endlich um sich selbst zu kümmern. Ja ja, wie gut, dass diese Eltern ein so dickes Fell und irgendwie scheinbar noch immer die Kraft haben (müssen), wieder von vorne zu beginnen mit den Anträgen, Kämpfen und Verurteilungen.
Wie viel einfacher wäre das Loslassen, gäbe es mehr Verständnis und Konzepte für Menschen mit FASD. Wie schön wäre es, wirklich einmal Urlaub zu machen ohne Angst zu haben, dass das Kind irgendwo rausfliegt, hilflos vor Herausforderungen steht oder niemanden hat, der es versteht? Wie schön wäre es, wenn es eine grundsätzliche Akzeptanz der begrenzten Möglichkeiten und somit gleichzeitig eine große Chance auf Förderung der vorhandenen Ressourcen und Kompetenzen der Menschen mit FASD gäbe?
Wie schön wäre es, wenn die wertvollen Erfahrungen und Best-Practice-Beispiele der Eltern und Bezugspersonen angenommen, integriert und übertragen würden. Wie schön wäre es, wenn das als Chance und Fortschritt interpretiert würde und nicht als zusätzliche Belastung.
Es könnte alles so viel schöner und lebenswerter für erwachsene Menschen mit FASD und ihre Bezugspersonen sein. Was noch nicht ist, kann ja noch werden!
Nevim Krüger