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Fachartikel

von: Nevim Krüger

Sommer, Sonne & Chaos – Urlaub, Reisen und FASD im Gepäck

Gedanken zu Ferien von Pflege- und Adoptivfamilien mit FASD-Kindern.
Themen: FASD

Endlich Ferien! Wieder ein Jahr Schule geschafft, Zeugnisse gefeiert oder verdaut. Jetzt steht der Sommerfrische nichts mehr im Weg. Oder vielleicht doch?
Alle Kinder und Jugendlichen haben das Schuljahr irgendwie hinter sich gelassen. Für die meisten Schüler und Schülerinnen mit FASD ist die Schule nicht unbedingt eine Wohlfühloase. Das bekommen auch die Pflege- und Adoptiveltern zu spüren. Die große zu erbringende Anpassungsleistung der Kinder und Jugendlichen entlädt sich meistens nach der Schule zu Hause. Gut, dass der Stressfaktor Schule jetzt endlich Pause hat.

Nun ist es bekanntlich so, dass Menschen mit FASD besonders auf Alltagsstrukturen, feste Abläufe und sichere Planungen angewiesen sind, um sich gut und sicher zu fühlen. Abends länger wach bleiben und morgens ausschlafen, besondere Aktivitäten und Ausflüge bringen nicht nur Entspannung und Freude sondern auch eine Störung der so wichtigen Gewohnheit. Diese Irritation zieht entsprechendes Verhalten und Reaktionen nach sich. D. h., Eltern sind in dieser Zeit
wieder besonders gefordert. Sie müssen ein Ferienprogramm „erstellen“, das die Langeweile vertreibt aber gleichzeitig auch nicht zum Overload führt. Das ist häufig nur ein sehr schmaler Grad und erfordert ein gutes Gespür für die Möglichkeiten und Grenzen der Kinder und Jugendlichen, ach ja: und natürlich auch die der eigenen!

Überhaupt ist es wichtig darauf hinzuweisen, dass gerade Pflege- und Adoptiveltern von Kindern mit FASD nie frei haben! Im Gegenteil: die Zeit, die eigentlich zum Kraft tanken da ist, kann für diese Familien als besonders kräftezehrend erlebt werden. Gerade deshalb ist es besonders wichtig, die Erwartungen an Urlaub und Reisen realistisch zu halten. Es gilt Alternativen zu finden, kreativ zu sein und bitte nicht den Humor zu Hause zu vergessen. Es muss ja nicht gleich der
Gipfel sein; vielleicht reicht ja auch die Hälfte des Berges und dafür gibt es einen besonders schönen Bergsee. Ein Camper bietet vielleicht nicht den Luxus eines 5-Sterne-Resorts aber dafür die gewohnte Umgebung und wundervolle Abende am Lagerfeuer. Der 6. Urlaub in Folge am Gardasee, im immer gleichen Ferienhaus ist vielleicht auf den ersten Blick langweilig, aber auch ein bisschen, wie nach Hause kommen und irgendetwas Neues gibt es ganz sicher zu entdecken.

Sollte es im Urlaub zu lauten und unkontrollierten Ausbrüchen der Kinder und Jugendlichen kommen, so hat es sich als sinnvoll erwiesen, die “Mitbewohner” kurz und freundlich darüber aufzuklären, dass es sich um eine Behinderung handelt und das Kind sein Verhalten in dem Moment nicht verändern kann. Gerade in den ersten Tagen der Ankunft brauchen die Kinder und Jugendlichen Zeit um sich einzugewöhnen. Daher empfiehlt es sich, Ausflüge, Touren oder Besichtigungen erst nach der Eingewöhnung zu unternehmen. Besuche in Restaurants haben sich besonders in den südlichen Ländern als unkompliziert erwiesen, da dort grundsätzlich eine entspanntere Haltung Kindern gegenüber vorherrscht.

Immer öfter hört man erfreulicherweise, dass Jugendämter auch einen Zuschuss zu „Urlaubsbegleitungen“ für die Kinder bewilligen. So können die Eltern vielleicht eine Stadt besichtigen oder zusammen ins Restaurant gehen, während das Kind mit der Begleitung einen tollen Tag am Pool verbringt oder eine spannende Wanderung unternimmt. Für die An- und Abreise bitte immer genug Zeit einplanen. Stress und Zeitdruck…..man weiß, was das macht!

Also auch in Puncto Urlaub gilt: weniger ist mehr. Aber eben auch, dass das Reisen den Horizont erweitert und der Seele gut tut und keinesfalls auf Grund des Sondergepäcks FASD vermieden werden sollte.
Gute Reise und eine möglichst unbeschwerte Zeit